Auf der Suche nach Freiheit
Freiheit ist der zentrale Begriff, um den das Leben und Schaffen von Ruthard Fella kreist. Damit meint er vor allem die Freiheit, den schöpferischen Impuls ungehindert von wie auch immer gearteten Zwängen, in greifbare Wirklichkeit umzusetzen.
Seine Entwicklungsgeschichte ist über Jahrzehnte hinweg geprägt vom Ringen um dieses kostbare Gut. Zahlreiche Arbeiten zeugen davon. Sich leiten lassen von einer Idee, einem Objekt, einer Geschichte; Eintauchen in den Prozess des Gestaltens mit seinen Herausforderungen und Überraschungen; keinerlei Kompromisse schließen müssen im Hinblick auf Publikumserwartungen, akademische Dogmen oder auch nur einen sogenannten "Fella-Stil"; sich jeden Tag als Künstler selbst neu erfinden - das kommt seiner Definition von Glück ziemlich nahe.
Die Kindheit in den Nachkriegsjahren bot dem begabten Jungen keinerlei Chancen, sein kreatives Talent zu entfalten. Frühe Versuche mit verschiedenen Werkstoffen mussten im Sande verlaufen. Schule und Ausbildung zielten einzig auf die Sicherung der materiellen Basis ab. Ohne Zweifel hätten die Eltern auf den Wunsch nach Förderung im künstlerischen Bereich mit blankem Unverständnis reagiert. Der Vater, bis zu seinem frühen Tod als Dreher in der Schweinfurter Werken eines internationalen Industriekonzerns beschäftigt war glücklich, dass es ihm gelang, seinem Sohn den Weg im gleichen Beruf zu ebnen. Damit schien Ruthard Fellas Lebensweg vorgezeichnet.
Doch es kam anders. Im Lauf der Jahre qualifizierte Ruthard Fella sich als Maschinenbautechniker und Organisationsprogrammierer. Es machte ihm Spaß, elegante Softwarelösungen für die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen zu entwickeln, doch weniger Spaß machten die strukturellen Veränderungen in der Industriewelt seit den Achtziger und Neunziger Jahren:
Steigende Anforderungen, Termin und Kostendruck, ausufernder Formalismus, Verständigungs- und Abstimmungsprobleme bei Großprojekten. Unter den quälenden Bedingungen litt Fellas Gesundheit, was letztlich zu einem Ausstieg im Jahre 1998 führte. Bereits Ende der 70er Jahre hatte Ruthard Fella die gestalterische Arbeit wieder aufgenommen und beschäftigte sich mit bildender Kunst in einem sehr weit gesteckten Rahmen, zunächst als Hobby, dann jedoch immer ernsthafter und ausschließlicher. Unter dem zunehmenden beruflichen Druck der folgenden Jahre wählte er die künstlerische Kreativität als Weg des Selbstausdrucks und der Befreiung. Nach ersten Batiken und keramischen Werken kam Fella über die benötigten Entwürfe rasch zum Zeichnen und Malen. Es entstanden großformatige, farbintensive Ölbilder. Gezielt eignete der Künstler sich die benötigten Techniken an, bevorzugt im Alleingang - durch Studium und Experimente. Er ließ sich Zeit, probierte herum, machte eigene Erfahrungen und fand in diesem Vorgehen eine tiefe Befriedigung. Lediglich die Technik der Farbradierungen erlernte er bei Eschrat Tellert, entwickelte aber auch hier bald seine ganz individuelle Ausdrucksform. Es dauerte nicht lange, bis sich erste Aufträge einstellten, später folgten auch Ausstellungen, und damit begann sein Weg als eigenständiger und eigenwilliger Künstler, der sich weit über die Grenzen der Region hinaus Respekt und Anerkennung für seine Leistungen sicherte.
Seit 1995 lebt Ruthard Fella zusammen mit seiner Ehefrau Elke, die mit Begeisterung und tiefem Verständnis das Schaffen ihres Mannes außerordentlich wirksam unterstützt, in seinem Refugium in Nassach, einem nach eigenen Plänen erbauten, vollbiologischen Holzhaus, umgeben von 11000 Quadratmeter Grund - der Basis einer weitgehenden Selbstversorgung. Sein Atelier im lichtdurchfluteten Giebelgeschoss, das gerne von Freunden und interessierten Sammlern aufgesucht wird, zeugt vom nie versiegenden Strom schöpferischer Impulse und Fleiß der letzten Jahre.
Der Trend zum großformatigen und farbenfrohen brachte vielschichtige Landschaftsstrukturen wie beispielsweise "Erdzeichen" hervor. Es gab aber auch eine gegenläufige Bewegung, etwa ungefärbte Prägedrucke wie der "Ikarus", deren eindrückliche Wirkung lediglich aus dem Spiel von Licht und Schatten resultiert. Dazwischen entstanden ausdrucksstarke Holzschnitte wie "Gespräch mit K", "Greif" oder "Göttin liegend" (hier als Titelbild zu sehen). Serien von Monotypien wie beispielsweise "Die Zeichen" erlaubten dem Künstler, sich in der Arbeit mit grafischen Elementen mit einer Ästhetik der Reduktion auseinanderzusetzen und zu einer Balance von Ruhe und Bewegung zu finden. Holzskulpturen wie die Serie "Seltsame Begegnungen" dienten mit einem Augenzwinkern immer wieder zur Auflockerung und Unterbrechung, bevor die Intensität und Ernsthaftigkeit in zu viel "Erdenschwere" umschlagen konnte.
Denn das ist vielleicht eines der wesentlichen Merkmale von Fellas Arbeitsweise: er nimmt sich zwar einerseits das recht, seinen kreativen Impulsen in durchaus persönlicher, eigenständiger Weise konsequent Ausdruck zu verleihen, weigert sich aber gleichzeitig, sich selbst und die Kunst übertrieben ernst zu nehmen. Was nach Gestaltung verlangt, wird einfach gemacht. Aber es liegt ihm nicht, in schönen Worten über Entstehungsprozesse zu reden oder seine Arbeiten mit interpretierenden Konzepten zu befrachten. Er will nichts weiter, als sich voll und ganz auf das jeweilige Resultat konzentrieren - und darüber auch schon mal die Welt vergessen.....
Selbstdarstellung ist seine Sache nicht, er ist kein Medien-, kein Gruppenmensch. Selbst Ausstellungen, obwohl er die Notwendigkeit durchaus einsieht, scheinen ihn nur vom wesentlichen abzulenken und zu viel Zeit zu kosten. Dennoch hat sich im Lauf der Jahre ein fester Kreis von Freunden gebildet, die sein Wirken mit großer Anteilnahme verfolgen. Es dürfte für alle Beteiligten spannend bleiben, denn er hat noch einiges vor....
Gefragt, was er mit seinen Arbeiten den Menschen primär schenken und vermitteln möchte, meint Ruthard Fella: "Ich habe irgendwann konsequent nur noch das getan, was mir selber Spaß machte. Es hat mich fast gewundert, aber natürlich auch gefreut, wenn dann Leute kamen und es gut fanden. Wenn man in materieller Hinsicht nur beschiedenen Ansprüche stellt, kann man sich schon einen gewissen Freiraum erkämpfen. Den eigenen Vorstellungen folgen zu dürfen, das ist für mich der wahre Reichtum. Und wenn es in meiner Arbeit überhaupt eine Botschaft gibt, die an andere Menschen gerichtet ist, dann vielleicht am ehesten die: "Macht das genauso!"
(Regine Leisner)
Eine kleine Tour durch mein Atelier finden Sie hier auf dieser Seite:
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